Meine Damen und Herren,                                                                              Haushaltsrede als PDF:    >>>Haushaltsrede

Herr Bürgermeister,

 

„Es gilt das gesprochene Wort“ – so heißt es in vielen veröffentlichten Reden.

Thorsten Scheen Fraktionsvorsitzender der UWG

Doch dieses Jahr ist alles anders!

Die UWG-Fraktion verzichtet bewusst auf das „gesprochene Wort“, um den Sitzungsverlauf in Zeiten der Corona-Pandemie und immer strikter werdenden Beschränkungen nicht noch zusätzlich in die Länge zu ziehen.

Also gilt diesmal eben nur das „geschriebene Wort“!

Hierfür bitten wir um Verständnis.

 

Es ist ohnehin schwierig, über eine Haushalts-Planung zu philosophieren, wenn diese auch im Nachhinein ggf. von unvorhersehbaren und zum Teil einschneidenden Entwicklungen im kommunalen Ein- und Ausgabenbereich durch die Corona-Pandemie beeinträchtigt wird.

Der Kämmerer hat dies in seinem Vorwort deutlich zum Ausdruck gebracht.

Zitat: „Es muss darauf hingewiesen werden, dass der Ausbruch der Corona-Pandemie die wirtschaftlichen und fiskalischen Aussichten eingetrübt und darüber hinaus eine solide Prognose der Entwicklung der haushaltswirtschaftlichen Situation erschwert.“ (Vorbericht zum Haushalt, Seite 16 unter II. Plan und Entwicklung 2020).

 

Selbst zu „normalen“ Zeiten haben wir immer wieder deutlich vor Augen geführt bekommen, was das Wort „Plan“ bedeutet. Es ist nämlich nur die Vorstellung von der Art und Weise, in der ein bestimmtes Ziel – in diesem Fall der Haushaltsausgleich – verwirklicht werden soll.

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Das sich diese Vorstellung nur schwerlich in der Realität zu 100% verwirklicht lässt, zeigt uns insbesondere der Jahresabschluss 2019 doch sehr deutlich. Das geplante Ergebnis war mit rd. 893.000€ angegeben, erreicht wurde ein – für die Gemeinde natürlich erfreulicher – Jahresüberschuss von 4,63 Million €.

Hier stellt sich zunehmend die Frage der Planungsqualität und ob der Politik hierdurch bereits im Vorfeld der Haushaltsberatung Gestaltungsmöglichkeiten vorenthalten werden, denn

auch in den zurückliegenden Jahren wich das jeweilige Jahresergebnis immer wieder um hohe Beträge von der Prognose ab.

 

 

Meine Damen und Herren,

worüber sollten wir also noch reden?

Über die Steuerentwicklung (insb. im Bereich der Gewerbesteuer), die derzeit noch überhaupt nicht absehbar ist?

Über die ständig ansteigende Belastung des kommunalen Haushalts durch die Kreisumlage?

Über die wachsenden Aufgaben der kommunalen Akteure und die Einforderung einer auskömmlichen Gegenfinanzierung durch Bund und Land, damit die gesellschaftlichen Herausforderungen und die Einhaltung des Konnexitätsprinzips erfüllt werden können?

Das die Gemeinde Wenden im gleichen Zusammenhang bereits seit Jahren keine Schlüsselzuweisungen erhält?

Getreu dem Motto: „Steter Tropfen höhlt den Stein“?

Nein!

Die politischen Akteure aller Couleur kritisieren in ihren alljährlichen Plädoyers immer wiederkehrend die Entwicklungen im Bereich der Kreisumlage. Und auch die Entlastung der kommunalen Haushalte durch eine Refinanzierung von Bund und Land wird regelmäßig ins Feld geführt.

Zuletzt haben bekanntermaßen alle sieben Bürgermeister erneut eine gemeinsame Stellungnahme zum Kreishaushalt abgegeben und eine förmliche Einwendung gemäß § 55 Absatz 2, Satz 3 der Kreisordnung erhoben.

In den zurückliegenden Jahren haben die gemeinsamen Stellungnahmen jedoch zu keinen sonderlich wahrnehmbaren Änderungen im Kreishaushalt geführt. Ob dies mit der förmlichen Eingabe erreicht wird, kann bezweifelt werden.

Wir warten es ab!

Viel wichtiger als alle Planspiele sind doch vielmehr die Entscheidungen, auf die die Bürger*innen in dieser Gemeinde seit Jahren vergeblich warten.

 

Die Bürger*innen bewegt dieser Tage, dass sich in der Gemeinde Wenden nichts bewegt.

Viele haben den Eindruck, dass in unserer Gemeinde nur noch verwaltet, und wenig gestaltet wird.

Feuerwehrgerätehäuser, Schwimmbad, Schulen, Balcke-Dürr, Verkehrsbelastungen in Gerlingen und Wenden!

Ich habe bereits im Wahlkampf vermutet, man sehe im Rathaus mittlerweile den „Wald vor lauter Bäumen nicht mehr“.

Gutachten jagen Gutachten.

Fragen werden gestellt, Antworten werden gesucht, neue Fragen gefunden!

Arbeitskreise werden eingerichtet, Entscheidungen werden vertagt.

So kann es nicht weitergehen!

Seit Jahren „eiern“ wir gemeinsam durch die Zeit, ohne nennenswerte Entscheidungen zu treffen.

Die Zeit rast uns davon!

Allein im Bereich der Schulen ist die Umsetzung der Betreuungsgarantie bis 2025 doch schon längst beschlossene Sache!

Wir wollen daher hoffen, dass insbesondere der neu eingerichtete Arbeitskreis mit dem Arbeitstitel „Bildungslandschaft“ schnell zu Ergebnissen kommt und wir noch in diesem Jahr die Weichen für die Zukunft stellen können.

 

Doch nun zu unserem Bürgermeister:

Von seinem dazumal vorgestellten 10-Punkte-Plan hat Herr Clemens bis heute annähernd nichts umgesetzt.

In meiner letztjährigen Haushaltsrede forderte ich den Bürgermeister auf, endlich eine Priorisierung der sog. „Großprojekte“ vorzunehmen, um voran zu kommen.

Dies hat er bis heute nicht geschafft!

Stattdessen soll nun – mehr als ein Jahr danach – eine Moderation zwischen Verwaltung und den Fraktionen stattfinden, um die von uns angemahnte Priorisierung endlich vorzunehmen. Na immerhin!

Wir werden uns dieser Moderation nicht verweigern.

Allerdings ist es schon verwunderlich, warum ein gewählter Bürgermeister sich außer Stande sieht, eine solche Priorisierungsentscheidung in seinem Hause selbst zu treffen.

Führungsstärke sieht m.E. anders aus!

 

Meine Damen und Herren,

seit Jahren herrscht in den wichtigen Feldern der Politik in Wenden Stillstand.

Das muss aufhören!

Vielleicht wird auch das Ergebnis der letzten Kommunalwahl dazu führen, dass nun schnellere Entscheidungen getroffen werden.

In Sachen Schwimmbad haben wir jedenfalls unsere Hausaufgaben gemacht.

Während die SPD in der letzten Ratssitzung schon nach der Vorstellung des Bausachverständigen bereits eine Entscheidung zur Schwimmbadverlagerung treffen wollte, haben wir dies zunächst abgelehnt, da wir die zu Grunde liegenden Informationen erst in einer Sonder-Fraktionssitzung erörtern wollten.

Nunmehr haben wir unsere Entscheidung getroffen.

Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile sind wir zum dem Entschluss gekommen, dass ein Neubau eines Schwimmbades im Bereich der Gesamtschule die beste Option darstellt.

Gemeinsam mit SPD und Grünen beantragen wir daher folgendes:

  1. Der Ratsbeschluss vom 09.12.2020 DS XI/63 wird aufgehoben. Die Verwaltung stellt umgehend alle eingeleiteten Schritte für die Generalsanierung der Schwimmhalle in Wenden ein und verfolgt diese nicht weiter.
  2. Die Gemeinde Wenden baut an der Gesamtschule ein neues funktionales Bad unter Beachtung von finanzgünstigen Gesichtspunkten (z.B. nach dem „Werdohler Modell“). Das neue Hallenbad verfügt über ein 25 Meter langes Schwimmbecken.
  3. Als Projektanschub werden in den Haushalt 2021 finanzielle Mittel in Höhe von500.000,00€  eingestellt. Die Verwaltung  erarbeitet   umgehend ein Neubau-Finanzierungskonzept und prüft fortwährend Fördermöglichkeiten vom Land bzw. vom Bund. Es wird   geprüft ob das Projekt von einem Generalunternehmen abgewickelt werden kann.
  4. Vorbehaltlich der Ergebnisse des Arbeitskreises Bildungslandschaft wird am Schulzentrum ein Baufeld freigehalten, so dass die Option eines Neubaus einer Grundschule besteht.
  5. Es wird ein interfraktioneller Arbeitskreis  gebildet. Der Arbeitskreis begleitet das Projekt fortwährend gemeinsam mit dem   Bürgermeister und der Verwaltung. Gegebenenfalls wird externer Sachverstand eingeholt.
  6. Das neue Schwimmbad wird unter Berücksichtigung der neuesten energiepolitischen Vorgaben realisiert (z. B. Blockheizkraftwerk).
  7. Die Verwaltung prüft die Gründung einer Bäderbetrieb GmbH (Vorteil: steuerlicher Querverbund).

    Photo by Marcelo Uva on Unsplash

Die wichtigsten Gründe im Einzelnen:

  • Aufwertung des Gesamtschul-Standortes
  • 25m-Bahn u.a. für Sport-Abitur und DLRG
  • Unkalkulierbare Kosten-Risiken einer Sanierung
  • Modernes, funktionales Bad – statt renoviertes „altes Planschbecken“ mit dem Charme der 60‘er
  • Verbesserte Parkplatzsituation und Erreichbarkeit
  • Eine Sanierung des alten Bades im Bestand würde den laufenden Schulbetrieb der Grundschule erheblich beeinträchtigen
  • Sanierung bedeutet eine lange „Schwimmbad-Schließung“
  • Schwimmbad-Schließung bedeutet „kein Bad für die Bürger*innen“ in Wenden
  • Schwimmbad-Schließung bedeutet Durchführung des Schulschwimmens an  anderem Standort 
  • Schwimmbad-Schließung bedeutet zusätzliche Kosten für den Schülerfahrverkehr über längeren Zeitraum (Hallenbad Olpe?)
  • neue Möglichkeit zur Grundschul-Erweiterung bei anschließendem Abriss des alten Bades
  • Bessere Umsetzung der Barrierefreiheit
  • Energetische Einsparungen
  • Attraktivitätssteigerung unserer Gemeinde (sog. weicher Standortfaktor)

Allerdings ist es uns wichtig, dass in puncto Flächenplanung  – vorbehaltlich des Ergebnisses im Arbeitskreis „Bildungslandschaft“- für eine eventuell notwendige Verlagerung der Grundschule Wenden eine ausreichende Fläche oberhalb der Gesamtschule vorgehalten wird!

 

Des Weiteren stellt die UWG-Fraktion noch folgenden Antrag:

Zur Anschubfinanzierung von Maßnahmen basierend auf den Ergebnissen des „Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzeptes Wenden-Ortsmitte“ (Kurz ISEK) werden im Haushalt 2021 100.000€ bereitgestellt.

In diesem Zusammenhang sei auch noch einmal auf die Notwendigkeit einer Entscheidung hingewiesen, wie im weiteren Verlauf mit dem ehemaligen „Haus Viedenz“ in der Wendebachstraße zu verfahren ist.

 

Zum Antrag bezüglich der Beitragspflicht im Zusammenhang mit sog. „Eckgrundstücken“ und der entsprechenden Begründung verweisen wir auf den Beitrag in unserer Website: UWG stellt Antrag zur Reduzierung der Beitragspflicht bei Eckgrundstücken – UWG Wenden (uwg-wenden.de)

Da die aus diesem Antrag eventuell erwachsenden Belastungen auch die zukünftigen Haushalte der Gemeinde Wenden belasten, haben wir diesen bewusst losgelöst von der diesjährigen Haushaltsdebatte gestellt.

 

Der Haushalt 2021 ist strukturell ausgeglichen. Er bedarf nicht der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Die Steuer- und Abgabenlast bleibt weiterhin auf einem verhältnismäßig niedrigem Niveau.

Die Diskussionen und Entscheidungen über die Anträge zum Haushalt werden jedoch zeigen, ob wir dem Haushalt zustimmen werden.

Abschließend möchte ich dem Kämmerer der Gemeinde Wenden, Herrn Munschek, insbesondere dafür danken, dass er uns gemeinsam mit Frau Fröhlich und Herrn Stahl im Rahmen der Haushaltsklausur Rede und Antwort gestanden hat.

 

Wir wünschen der Beratung einen fairen und guten Verlauf.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Bleiben Sie gesund!

 

Thorsten Scheen                                                           Wenden, 03.02.2021

Fraktionsvorsitzender